Angesichts der Themenvielfalt, dem aktuell anstehenden Landespsychiatriegesetz und der brisanten Diskussion um Zwang und Gewalt in der Psychiatrie war dieser Landespsychiatrietag sehr politisch geprägt. Dem Selbstverständnis, eine Plattform für die wichtigen Themen der Psychiatrie im Land zu bieten, wurde der Tag gerecht. Die kulturellen Beiträge und die Verleihung des Kunstpreises wurden zu einem spürbares Gegengewicht zu den Vorträgen und der Ernsthaftigkeit der Diskussionen.
Vortrag
Prävention, Behandlung und Versorgung von psychischen Erkrankungen – wohin muss die Entwicklung gehen? (Prof. Dr. Tilmann Steinert, Ravensburg)
Referat und Diskurs
Die Sinnhaftigkeit des Tuns – von der sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit zum gebraucht werden. (Dr. Niklas Baer, Kanton Basel)
Statement von Barbara Mechelke und Almut Oswald
Verleihung des Kunstpreises „so gesehen“:
Laudatio: Dr. Thomas Röske, Prinzhornsammlung Heidelberg
Verleihung der Kunstpreise durch Dr. Ulrike Groos, Direktorin Kunstmuseum Stuttgart
Moderation des Tages:
Peter Ruf, Diakonisches Werk Württemberg
Mitwirkende:
Hofschaumbühne Stuttgart , Swing Connection
Prof. Dr. Tilmann Steinert, Ravensburg: Prävention, Behandlung und Versorgung von psychischen Erkrankungen – wohin muss die Entwicklung gehen?
Statement Barbara Mechelke
Redebeitrag zum Thema Arbeit aus Sicht einer Angehörigen
Statement Almut Oswald
In diesem Forum geht es um Fragen wie „Warum Selbsthilfe, was kann Selbsthilfe leisten?“. Wir möchten die Möglichkeiten und Chancen gesundheitsbezogener Selbsthilfe nach Innen und Außen aufzeigen. Selbsthilfe kann den Genesungsprozess des Einzelnen fördern, einen Schutzraum schaffen und Selbstverantwortung und Selbstverantwortung entwickeln. Es sollen aber auch die Grenzen der Selbsthilfe erkannt werden, das bedeutet, dass Selbsthilfe nicht für jeden Betroffenen geeignet ist, z.B. wenn etwa in der Selbsthilfegruppe das Leid der Anderen nicht ausgehalten wird. Die Selbsthilfe darf auch kein Ersatz für fehlende Dienstleistungen und Versorgungsdefizite sein. Die Selbsthilfe wirkt auch nach Außen. Sie nimmt Einfluss nimmt auf das Arzt–Patienten-Verhältnis sowie auf die Forschung. Durch Gremien- und Lobbyarbeit vertritt sie ihre Interessen in der Politik. In diesem Sinne wirkt sie systemverändernd. Dabei muss sich die Selbsthilfe abgrenzen gegenüber Versuchen von Seiten der Politik und er Pharmaindustrie, sie zu beeinflussen und zu vereinnahmen. Um diese wichtigen Aufgaben erfüllen zu können, benötigt die Selbsthilfe gute Rahmenbedingungen und die Unterstützung durch Professionelle ohne Bevormundung.
Podiumsteilnehmer:
Psychiatrieerfahrene:
Gabriel Schaufelberger, stellvertr. Vorsitzender des Landesverbandes Baden-Württemberg der Psychiatrieerfahrenen
Angehörige:
Barbara Mechelke, stellvertr. Vorsitzende des Landesverbandes Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch Kranker
Professionelle:
Sabine Gärttling, Selbsthilfekontaktstelle KISS Stuttgart
Ärzte:
Dr. Barbara Richter, Ärztliche Direktorin des PZN Wiesloch
Krankenkasse:
Luzia Erhardt-Beer, AOK Baden-Württemberg
Politik:
Rainer Hinderer, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitischer Sprecher der SPD Landtagsfraktion
„Normalbürger“ / Ehrenamtlicher:
Jutta Schüle, Ehrenamtliche, Gemeindepsychiatrisches Zentrum Birkach der evangelischen Gesellschaft
Moderation:
Claudia Mann
Stellvertetende Pressesprecherin der Diakonie Württemberg
Ansprechpartner:
Manfred Schöniger (Referat Psychiatrie Diakonisches Werk Baden, Karlsruhe)
Georg Schulte-Kemna (Leitung Geschäftsfeld Sozialpsychiatrie
BruderhausDiakonie, Stiftung Gustav Werner und Haus am Berg, Reutlingen)
Dr. Klaus Obert (Bereichsleitung Sucht und Sozialpsychiatrische Hilfen Caritasverband Stuttgart e.V.)
Menschen mit psychischen Erkrankungen sind häufig von Arbeitslosigkeit betroffen. Viele sind schon seit langem aus dem Arbeitsleben ausgegliedert, andere haben nie den Zugang zu Arbeit gefunden. Viele Betroffene trauen sich beruflich gar nichts mehr zu, wissen nicht mehr, welche Fähigkeiten sie haben und wer überhaupt Interesse an ihnen haben könnte. Andere sind beruflich oft gescheitert, fühlten sich überfordert oder ausgegrenzt und sind sehr unsicher, ob sie noch einmal versuchen sollen, tätig zu sein. Wer sich aufmacht, sein Recht auf „Teilhabe an Arbeit und Beschäftigung“ umzusetzen braucht oft einen langen Atem. Denn kein Bereich ist so unübersichtlich wie der Bereich Arbeit und Beschäftigung. Dies betrifft sowohl die Angebote als auch die verschiedenen Kostenträger. Hinzu kommt oft noch die Kurzlebigkeit mancher Angebote durch die Förderpraxis und Projektausschreibungen.
Ansprechpartner:
Andreas Riesterer (Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e.V., Ref. Behindertenhilfe und Gemeindepsychiatrie)
ExIn bietet Psychiatrie-Erfahrenen die neue Möglichkeit, sich für eine Tätigkeit in der Psychiatrie, z.B. als Genesungsbegleiterin, Peer to Peer Berater, in einer Beschwerdestelle, bei der Psychiatrie-Planung oder beim Case-Management zu qualifizieren. Psychiatrischen Diensten und Kliniken bietet ExIn die Chanc, das Expertenwissen von Psychiatrie-Erfahrenen ihren Nutzern und Patienten zugänglich zu machen. Daraus ergeben sich neue Entwicklungsmöglichkeiten im Verhältnis von Psychiatrie-Erfahrenen zu den professionellen Helfern, in der Gestaltung psychiatrischer Hilfsangebote und in der Planung von psychiatrischen Diensten.
Erste Erfahrungen von ExIn-Absolventen mit der Ausbildung, den Praktika und den beruflichen Perspektiven liegen vor und wurden in diesem Forum dargestellt und diskutiert.
Anpsrechpartner
Dr. Martin Zinkler, Chefarzt (Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik)
Judith Engel, ExIn
Der integrierte Versorgungsvertrag zwischen Evang. Gesellschaft und Technikerkrankenkasse für den Raum Stuttgart: Friedrich Walburg und ein Nutzer des IV-Vertrages
Der IV-Vertrag der südwürttembergischen Zentren für Psychiatrie mit DAK und BEK/GEK Dr. Hansen und ein Nutzer des IV-Vertrages
IV-Vertrag der Niedergelassenen (Nervenärzte, Psychiater, Psychotherapeuten) im Rahmen des Hausarztvertrages mit der AOK Dr. Imdahl, BVDN
Diskutant zu den Vorträgen und zur Plenumsdiskussion:
Paul Peghini, Landesverband der Angehörigen
Moderation:
Prof. Dr. G. Längle
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Gerhard Längle (Medizinischer Direktor zfp Südwürttemberg)
Prof. Dr. Jürgen Armbruster (Mitglied des Vorstands Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V.)
Friedrich Walburg (Abteilungsleiter: Dienste für seelische Gesundheit
Evangelische Gesellschaft Stuttgart e.V.)
Paul Peghini (Landesverband Baden-Württemberg der Angehörigen psychisch Kranker e. V.)
Was hat sich in den letzten Jahren Neues hinsichtlich der Anwendung von Psychopharmaka ergeben?
Inwieweit ist eine größtmögliche Unabhängigkeit der verordnenden Ärzte/innen von der Pharmazeutischen Industrie unabdingbar?
Wie sind die Mechanismen der Einflussnahme auf Ärzteschaft, PatientInnen und Angehörige?
Die Zielsetzung über das Forum hinaus ist die Entwicklung eines Verhaltenskodex im Umgang mit pharmazeutischer Werbung
Resümee des Forums durch Dr. H.- P. Maier
Ansprechpartner:
Dr. Martin Roser (Chefarzt, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Kreiskliniken Esslingen gGmbH/Klinik Nürtingen)
Dr.med.Hans-Peter Maier (EX-IN Genesungsbegleiter)
Waltraut Lumpp (Patientenfürsprecherin)
Neben der Diskussion um Zwang und Gewalt in der Psychiatrie polarisiert kaum ein Thema Psychiatrie-Erfahrene, Angehörige und Profis so sehr wie die Behandlung mit Psychopharmaka. In diesem Forum soll es darum gehen, ins Gespräch zu kommen, Sichtweisen der Trialog – Partner zu verstehen und zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Medikamenten zu gelangen, in dem sich alle Beteiligten ernst genommen fühlen.
Dabei wird es unter anderem um die Funktion der Medikamente gehen. Sind sie Krücke und Hilfsmittel, um den Alltag zu bestehen oder Therapie der Krankheitsursache? Welche Rolle spielen Alternativen?
Ansprechpartner:
Klaus Laupichler (Vorsitzender des LVPEBW Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Baden-Württemberg)
Das Spannungsverhältnis zwischen Selbstbestimmung und Zwang begegnet uns fast überall in vielfältiger Form. In der Psychiatrie spitzt sich diese Problematik zu. Der Schutz- und Ordnungswunsch von Staat und Bevölkerung und die Freiheitsrechte des Einzelnen stehen sich hier immer wieder scheinbar unversöhnlich gegenüber. Im Extremfall endet dieser Konflikt mit Festbinden, Einsperren und bei der Zwangsbehandlung mit Medikamenten. Hier entstehen häufig vor allem psychische Traumatisierungen, die vielen Psychiatrie-Erfahrenen ein Leben lang schmerzlich unvergesslich bleiben. Kaum ein anderes Thema erzeugt einleuchtender Weise mehr Emotionen bei den Psychiatrie-Erfahrenen als dieses. Ausgehend von den Erfahrungen der Patienten steht der Vorwurf im Raum, dass immer wieder Menschenrechte und Menschenwürde verletzt werden. Andererseits üben auch psychisch Kranke immer wieder wegen ihrer Krankheit – ob behandelt oder nicht – Zwang und Gewalt aus, vor allem gegenüber ihren Angehörigen, aber auch gegen sich selbst.
Vortrag Prof. Stolz: Fürsorglicher Zwang in der Psychiatrie?-Zwang
Ansprechpartner:
Rainer Höflacher (Landesverband Psychiatrie-Erfahrener (LV PE BW) e.V.)
Prof. Dr. Tilmann Steinert (ZfP Süd Württemberg)
Rund 25 Prozent der Bevölkerung in Baden-Württemberg hat eine Migrationsgeschichte und Stuttgart ist die Großstadt Deutschlands, in der die meisten Menschen mit Migrationshintergrund leben.
In den letzten Jahren wird allgemein ein Anstieg von psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung verzeichnet. Dies schließt Menschen mit Migrationshintergrund mit ein. Psychosomatische und psychische Erkrankungen bei Menschen mit Migrationsgeschichte können dabei auch im Zusammenhang stehen mit traumatischen Erfahrungen von Gewalt, Krieg und Vertreibung in den Herkunftsländern sowie mit den aktuellen Lebensbedingungen. Neben erschwerter Teilhabe an Bildung und Arbeitsmarkt und einem für viele Migrantinnen und Migranten schlechteren Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen allgemein sind insbesondere auch Erfahrungen von Rassismus und Diskriminierung als Stressoren zu benennen. Vielfältig in Studien belegt ist das Defizit im Zugang zum Gesundheitssystem mit dem Risiko einer Mangel- oder Fehlversorgung von Menschen mit Migrationshintergrund. Die Ursachen hierfür sind vielfältig, angefangen von sprachlichen Verständigungsproblemen bei professionellen Helfern wie Migranten bis hin zu unterschiedlichen Krankheits- und Behandlungsvorstellungen und -erwartungen.
Mit dem Forum möchten wir die unterschiedlichen Akteure der psychiatrischen Versorgungslandschaft, die Betroffenen und Angehörigen miteinander ins Gespräch bringen, aktuelle Versorgungsmodelle vorstellen, und Wege zu einer interkulturellen Öffnung der Psychiatrie aufzeichnen.
Präsentation M. Kneißler: Die Psychiatrie auf dem Weg zur Interkulturellen Öffnung
Ansprechpartner:
Matthias Kneißler (Referent in der Abteilung Behindertenhilfe/Psychiatrie
Diakonisches Werk Württemberg)
An der Vorbereitung des Forums wirken mit:
Suzan Aksümer, PIA Nürtingen,
Birgit Dinzinger, Matthias Kneißler, Josef Minarsch-Engisch, alle Diakonisches Werk Württemberg,
Manfred Makowitzki, BFU
Nathalie Wollmann, DRK Landesverband,
Uli Mugele, GPZ Stuttgart Mitte, Caritas